Die Frau fürs Leben: Roman (German Edition) by Bielenstein Daniel

Autor:Bielenstein, Daniel [Bielenstein, Daniel]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783105690031
Herausgeber: Fischer E-Books
veröffentlicht: 2014-06-12T22:00:00+00:00

Wie gesagt, ich habe keine Fragen: Unsere Gastgeberin sitzt vermutlich jeden Abend allein auf ihrem Sofa und KOMMT SICH VOR (wahlweise wie eine Millionärsgattin, wie ein Super-Model oder eine erfolgreiche Innenarchitektin). Spätestens in fünf Jahren wird sie feststellen, dass sie nichts von all dem wirklich IST, und spätestens dann wird sie anfangen, jeden Morgen einen Piccolo zu trinken und jeden Abend vor dem Schlafengehen eine Flasche Baileys.

Mein Glück ist, dass wir gar nicht fragen müssen. Sie fängt nämlich ganz von selbst an zu reden.

»Wissen Sie, ein Mann, der für mich in Frage käme, der müsste vor allem eines haben: Stil. Und weil es davon immer weniger gibt, bin ich Single«, sagt sie und strahlt uns an wie ein Model beim Shooting. Sie hat gerade ein Tablett mit einer Karaffe Orangensaft und drei hochgezogenen Leonardogläsern auf den Tisch gestellt. In einer Schale liegen Goldfischli, vermutlich für mich, und Giotto, für Konstanze und sie selbst.

Ohne dass wir auch nur ein Wort gesagt hätten, fährt sie fort: »Aber denken Sie jetzt nicht, dass ich hier jeden Abend sitze und von einem Mann an meiner Seite träume!«

»Was tun Sie denn sonst? Träumen Sie von einem Star an Ihrer Seite?«, frage ich.

Susanne Biwak schaltet erstaunlich schnell, das muss ich zugeben. Sie beachtet mich nicht weiter und sagt stattdessen zu Konstanze:

»Ist Ihr Kollege immer so? So … überaus freundlich?«

Konstanze lacht.

»Nehmen Sie es ihm nicht übel. Er ist ganz nebenbei auf der Suche nach einer Frau zum Heiraten. Und, wenn ich das so sagen darf, ich glaube, Sie sind es wohl nicht, auf die seine Wahl fallen könnte.«

»Och, da bin ich aber traurig«, sagt Susanne Biwak und legt theatralisch die Hände an die Wangen. »Dabei habe ich noch so viel Platz in meinem Aquarium. Das wäre doch der geeignete Platz für Ihren Kollegen, oder täusche ich mich da?«

»Sie haben vollkommen Recht«, bestätigt Konstanze vergnügt. »Und das Schönste daran ist: So lange er unter Wasser ist, kann er nichts sagen, also auch nichts Frauenfeindliches.«

Die beiden Frauen stoßen mit ihren Orangensaftgläsern an. Und ich – ich muss zugeben, dass ich diese Runde verloren habe. Außerdem habe ich mich in Susanne Biwak ganz offensichtlich getäuscht. Denn wenn es eines gibt, was mich an Frauen beeindruckt, dann ist das Schlagfertigkeit. Und sie ist schlagfertig, das hat sie eindrücklich unter Beweis gestellt.

»Wie lange leben Sie denn schon alleine? Und woran ist Ihre letzte Beziehung gescheitert?«, fragt Konstanze – sie hat jetzt das Heft in der Hand für dieses Interview Ich habe nichts dagegen. Ich lehne mich zurück und stecke mir eine Zigarette an – was mir einen staubfreien Blick von Frau Biwak einbringt.

»Nun, unter anderem hat er geraucht«, sagt sie spitz.

»Und das war der Grund für die Trennung?«, frage ich.

»Ja, unter anderem.«

»Mann, muss der gequalmt haben«, werfe ich ein.

»Ob Sie es glauben oder nicht: Als Mark ausgezogen ist, habe ich renovieren lassen – die alten Tapeten und Vorhänge waren Sondermüll wegen der Nikotin- und Teerablagerungen.«

Ich habe keine Ahnung, ob sie diese Bemerkung ernst meint oder nicht – was ihr weitere Pluspunkte bei mir einbringt.

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